Daniel Jung ist bekannt als Bildungsinnovator und Mathe-Erklärer, der mit seinen kurzen Lernvideos Millionen von Schüler und Studierenden erreicht hat. Im Gespräch teilt er seine Ansichten über die Herausforderungen und Möglichkeiten der Bildung im digitalen Zeitalter, die Rolle neuer Technologien und wie wir unser Bildungssystem zukunftsfähig machen können.
Daniel Jung
Mathematik- und Lerncoach
Foto: Daniel Jung Media GmbH
Der Fokus sollte auf der Weiterbildung von Lehrkräften liegen, damit sie digitale Werkzeuge souverän einsetzen können.
Du hast mit deinen Lernvideos vor allem während der Corona-Zeit viele Schülerinnen und Schüler sowie Studierende erreicht. Was treibt dich an, Bildung auf innovative Weise zugänglicher zu machen?
Was mich antreibt, ist der Wunsch, möglichst vielen Menschen zu helfen, vor allem in der Mathematik. Mein Weg begann nach meinem Abitur 2001. Damals war von Digitalisierung noch keine Rede, aber ich hatte schon während meines Lehramtsstudiums eine Nachhilfeschule gegründet. Dabei habe ich gemerkt, dass ich als Unternehmer viel freier in meinen Methoden war als im klassischen Schulsystem.
Schon Ende der 2000er-Jahre habe ich mich mit technologischen Entwicklungen beschäftigt und gesehen, wie Universitäten in den USA Lerninhalte digital bereitstellten. Das hat mich inspiriert. 2011 begann ich dann mit meinen kurzen, prägnanten Erklärvideos, um Wissenslücken gezielt zu schließen. Besonders YouTube war ein Meilenstein, um kostenlos viele Menschen zu erreichen. Heute geht es mir darum, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern mit technologischen Innovationen das Lernen insgesamt zu verbessern.
Es gibt viele neue Lernmethoden, wie Microlearning, Gamification, Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) oder künstliche Intelligenz (KI). Wie bewertest du diese Entwicklungen?
Grundlegend bleibt Lernen immer ein biologischer Prozess: Synapsenverbindungen stärken sich durch neuronale Aktivität. Ob man mit Microlearning, Gamification oder VR lernt, ist zweitrangig, solange der Lernprozess aktiv gestaltet wird. Technologien sollten diesen Prozess unterstützen und personalisierte Lernwege ermöglichen.
Ein Beispiel: Microlearning eignet sich hervorragend, um Lücken in der Mathematik individuell und mundgerecht aufzuarbeiten. Gleichzeitig sehe ich die größte Herausforderung darin, die Informationsflut zu bewältigen. Technologie kann helfen, Inhalte effizient zu filtern und strukturiert bereitzustellen. Dennoch: Gerade bei jungen Kindern in der Grundschule sollten technologische Anwendungen nur unterstützend für Lehrkräfte eingesetzt werden, um den Fokus auf haptisches und soziales Lernen zu legen.
Du hast erwähnt, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern oft hinterherhinkt. Welche Herausforderungen müssen Schulen und Universitäten bewältigen, um den Anschluss nicht zu verlieren?
Das Bildungssystem hat in Deutschland mehrere strukturelle Probleme, angefangen beim Föderalismus, der flächendeckende Innovationen erschwert. Hinzu kommen bürokratische Hürden und die unzureichende technische Ausstattung vieler Schulen. Es gibt zwar Pilotschulen, die tolle Arbeit leisten, aber wir brauchen eine signifikante Anzahl solcher Vorreiter. Ich plädiere für einen zentralen „Bildungsfonds“, aus dem Lehrkräfte unkompliziert Mittel für innovative Projekte abrufen können. Der Fokus sollte auf der Weiterbildung von Lehrkräften liegen, damit sie digitale Werkzeuge souverän einsetzen können. Gleichzeitig müssen wir ihnen den Mut geben, neue Methoden zu erproben, ohne Angst vor Kritik zu haben.
Wenn du in die Zukunft blickst – wie könnte unser Bildungssystem im Jahr 2030 aussehen?
Wir müssen Schule als Ort der authentifizierten Informationserweiterung verstehen, besonders in Zeiten von Fake News und Künstlicher Intelligenz. Schulen sollten Schüler:innen nicht nur auf Berufe vorbereiten, sondern ihnen die Fähigkeit geben, lebenslang zu lernen.
Mein idealer Ansatz: Ein agiles, symbiotisches Lernsystem, das Präsenz- und Online-Lernen kombiniert und auf die individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen eingeht. KI und digitale Plattformen sollten unterstützend wirken, damit Schüler:innen und Lehrkräfte flexibel agieren können. Gleichzeitig ist es wichtig, klassische Kompetenzen wie kritisches Denken und Teamarbeit zu fördern. Schulen sollten Orte der Kreativität und Problemlösung werden, um den Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt gerecht zu werden.
Abschließend – was ist dein Appell an Lehrkräfte und Entscheidungsträger?
Lehrkräfte sollten den Mut haben, neue Methoden auszuprobieren und sich nicht von bürokratischen Hürden entmutigen lassen. Gleichzeitig brauchen wir Unterstützung von Politik und Wirtschaft, um Innovationen voranzutreiben. Deutschland braucht dringend eine Vision für die Bildung der Zukunft – sei es durch zentrale Förderprogramme oder visionäre Unternehmer, die in Bildung investieren.
Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Schüler:innen und Studierenden nicht nur mithalten, sondern in einer sich rapide wandelnden Welt auch führend sein können.
Vielen Dank, Daniel, für deine spannenden Einblicke und Visionen.
Danke, dass ich meine Gedanken teilen durfte. Ich bin gespannt, wie wir gemeinsam die Bildung der Zukunft gestalten können.
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