Skip to main content
Home » Bildung und Karriere » Bildung als Schlüssel zur Veränderung
Bildung und Karriere

Bildung als Schlüssel zur Veränderung

Foto: Claudia Araujo

Wir brauchen immer noch mehr Vielfalt
und mehr digitale Bildung.

Domitila Barros wuchs in einer brasilianischen Favela auf, ohne Zugang zu ausreichender Schulbildung – ein Leben voller Herausforderungen und dennoch voller Potenzial. Heute setzt sie sich weltweit für Bildungsgerechtigkeit ein. Im Interview spricht sie darüber, wie ihre Kindheit sie geprägt hat, warum Bildung der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben ist und wie wir globale Bildungssysteme gerechter gestalten können.

Domitila, du bist in Brasilien in einer Favela ohne Möglichkeit auf ausreichende Schulbildung aufgewachsen. Was hat das rückblickend mit dir gemacht und wann entstand dein Wunsch, dich für mehr Bildungschancen einzusetzen?

Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie wichtig Bildung für ein selbstbestimmtes Leben ist. In “Schusslinie“ – so hieß die Favela, in der ich aufgewachsen bin – gab es keine schulische Infrastruktur und nur wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Doch durch mein Studium habe ich erkannt, dass Bildung nicht nur ein individuelles Recht, sondern auch ein Motor für gesellschaftlichen Wandel ist. Meine Kindheit in der Favela hat mich geprägt. Ich habe gesehen, wie Armut und fehlende Bildung ganze Gemeinschaften zurückhalten. Durch mein Engagement möchte ich dazu beitragen, dass mehr Menschen die Chance bekommen, ihr Potenzial zu entfalten. Denn Bildung ist nicht nur ein Schlüssel zur individuellen Entwicklung, sondern auch ein Werkzeug für soziale Veränderung.

Reiche Eltern – gute Bildung? Stimmst du dieser Aussage heutzutage noch zu?

Reiche Eltern und gute Bildung? Das ist ein bisschen wie “Luxusauto und schnelle Fahrt“. Klar, es hilft, aber es garantiert noch lange keinen Führerschein fürs Leben. Bildung ist mehr als nur ein Zeugnis. Es geht darum, neugierig zu sein, Fragen zu stellen und die Welt zu verstehen. Und das kann man lernen, egal wo man herkommt.

Wichtig ist, dass man die richtigen Werkzeuge und die nötige Unterstützung bekommt.

Wie können wir weltweit den Zugang zu Bildung für alle verbessern und welche Rolle spielt Inklusion hierbei? Ist Deutschland bereits auf einem guten Weg zur Bildungsgerechtigkeit?

Bildung ist wie Wasser – ein Menschenrecht! Wir müssen dafür sorgen, dass jeder Zugang dazu hat. Inklusion ist dabei sehr wichtig. Es geht nicht nur darum, Kinder mit Behinderungen einzubeziehen, sondern auch Kinder aus anderen Kulturen, Kinder mit unterschiedlichen Lernfähigkeiten und sozialen Hintergründen. Deutschland ist auf einem guten Weg, aber es gibt noch viel zu tun. Wir brauchen immer noch mehr Vielfalt und mehr digitale Bildung. Ich bin überzeugt, dass wir weltweit noch viel mehr tun müssen, um allen Menschen den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Die Zahlen sprechen für sich: Millionen von Kindern haben immer noch keinen Zugang zu Bildung, insbesondere in Ländern des Globalen Südens. Inklusion ist dabei der Schlüssel.

Studien zeigen eindeutig, dass inklusive Bildungssysteme die Leistungen aller Schüler:innen verbessern. Es ist ein Mythos, dass Inklusion zulasten der anderen geht – im Gegenteil, sie bereichert alle Beteiligten. Um den Zugang zu Bildung für alle zu verbessern, müssen wir mehr investieren: Jedes zusätzliche Jahr Schulbildung erhöht das Einkommen um durchschnittlich 10% (Weltbank). Das ist eine Investition in die Zukunft, die sich lohnt. Qualität statt Quantität: Es geht nicht nur darum, mehr Schulen zu bauen, sondern auch um die Qualität der Bildung. Gut ausgebildete und nicht überforderte Lehrkräfte und moderne Unterrichtsmethoden sind entscheidend.

Wie sähe die ideale Bildungslandschaft für dich aus?

Meine ideale Bildungslandschaft? Stell dir eine Welt vor, in der Lernen Spaß macht und jeder die Möglichkeit hat, seine Talente zu entdecken. Eine Welt, in der Bildung nicht nur auf KI-Fakten basiert, sondern auch Kreativität und kritisches Denken fördert. Eine Welt, in der wir alle lebenslang lernen und uns weiterentwickeln. Lernen fürs Leben, nicht für die Prüfung. Klingt utopisch? Ist es aber nicht! Mit den richtigen Investitionen und einem Umdenken können wir das schaffen. Das deutsche Bildungssystem ist zweifellos stark, aber es gibt immer Raum für Verbesserungen. Um die Bildungsgerechtigkeit zu erhöhen und alle Schülerinnen und Schüler optimal zu fördern, sind einige wichtige Schritte notwendig. Neben finanziellen Investitionen sind auch Veränderungen in unserer Denkweise notwendig. Wir müssen weg von einer reinen Wissensvermittlung hin zu einer Förderung von Kompetenzen. Zudem sollten wir die individuelle Förderung jedes einzelnen Schülers stärker in den Fokus nehmen und die Zusammenarbeit von Schule, Elternhaus und Gesellschaft intensivieren. Wir leben in einer Zeit, in der viele Blasen parallel sehr eng nebeneinander existieren. Deshalb glaube ich, dass die Schule eine wichtige Rolle als Lebensraum spielt, in dem Kinder einen Großteil ihrer Zeit verbringen. Hier steckt ein riesiges Potenzial für die Gemeinschaftsbildung und die Einbindung von Elternhaus und Gesellschaft in diese bunte Vielfalt. Bildung, und insbesondere die Schulbildung, betrifft nicht nur die Kinder, wie meine Mutter schon immer sagte.

Auch das Thema Nachhaltigkeit ist für dich sehr wichtig. Gibt es für dich einen direkten Zusammenhang zwischen einem ausreichenden Zugang zu Bildung und nachhaltigem Handeln, egal in welchem Alter?

Das ist für mich ein unzertrennliches Duo! Und ja, ganz egal in welchem Alter! Wenn wir Kindern beibringen, wie unsere Welt funktioniert und welche Auswirkungen unser Handeln hat, entwickeln sie ganz automatisch ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) setzen sich für hochwertige Bildung für alle ein. Durch internationale Zusammenarbeit können wir voneinander lernen und gemeinsam Lösungen finden. Meine eigene Geschichte zeigt, wie wichtig Bildung für den Einzelnen und für die Gesellschaft ist. Als Jurorin beim BNE-Preis der UNESCOKommission Deutschland und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sehe ich, wie wichtig es ist, bereits in jungen Jahren damit zu beginnen. Als Global Sustainability Ambassador der World University Games, die nächstes Jahr in Deutschland stattfinden, haben wir die Ehre, 150 Nationen willkommen zu heißen.

Hier möchte ich dazu beitragen, Bildung und Nachhaltigkeit weltweit noch stärker zu vernetzen und junge Menschen zu erreichen. Denn nur gemeinsam können wir die Herausforderungen unserer Zeit meistern und eine nachhaltige Zukunft für alle schaffen.

Weitere Informationen über Domitila Barros finden Sie auf Instagram unter:

Next article