Wie machen sich deutsche Frauen in der Tech-Branche? Welches Mindset braucht eine erfolgreiche Gründerin? Wie wird aus einer Idee ein Business? Diese und noch viel mehr Fragen beantwortet Sophia Tran, medienbekannte Tech-Influencerin, Partnerin und Prokuristin beim Start-up-Inkubator und Accelerator DIGITALHUB.DE sowie Gründerin und CEO von Spotlight! Ventures.
Sophia Tran, wie machen sich die deutschen Frauen in der Tech-Branche?
Ich treffe immer mehr Frauen dort. Sie beziehen ihre Position – selbstbewusst und zielstrebig. Das bringt Bewegung in die Branche. Wer noch immer behauptet, dass sich in Deutschland diesbezüglich nichts tue und Frauen im Ausland viel weiter und schneller auf dem Vormarsch seien, dem sage ich: Das stimmt nicht mehr. Dank meiner Arbeit habe ich gute Einblicke in die deutsche und ausländische Tech-Szene und kann bestätigen, dass Start-ups inzwischen immer häufiger mit gut gemischten Teams daherkommen. Das war vor einigen Jahren noch ganz anders, da dominierten die Männer.
Hat die Pandemie mehr Frauen auf Gründungsideen gebracht?
Die Pandemie legt den Finger auf bestehende Wunden. Sie schafft damit auch Awareness für Schwachstellen in unserem System. Und sie belastet noch immer zuallererst Frauen, die einen Großteil der zumeist niedrig bezahlten Care-Jobs und der unbezahlten Care-Arbeit in der Familie leisten. Viele Frauen erlebten und erleben wegen der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus wie Kurzarbeit und Betriebsschließungen sowie wegen Infektionen dramatische Veränderungen ihrer finanziellen Lage, der eigenen oder der familiären. So manche Frau hat aus der Not heraus nach alternativen Einkommensquellen gesucht … Doch Gründungsideen werden nicht nur als Notlösung geboren. Vielmehr sind es Ideen, die eine neue oder eine bessere Lösung zu einem Problem bieten, mit dem sich die Frauen in ihrem Alltag konfrontiert sehen. Das Ergebnis dessen: Immer mehr Frauen gründen, auch in der Tech-Branche.
Wie kann frau sich vergewissern, dass ihre Idee das Zeug zum Business hat?
Die meisten Frauen reden über ihre Geschäftsidee zuerst mit Partnerinnen oder Partnern, Freundinnen und Freunden oder der Familie, mit Menschen also, auf deren Meinung sie was geben. Das ist nicht verkehrt – kann aber auch nach hinten losgehen: dann nämlich, wenn diese Menschen die Idee nicht wertschätzen. Auf gar keinen Fall sollte die Möchtegerngründerin ihre Idee dann schon aufgeben. Denn es sind viele Gründe für eine abwertende Reaktion möglich: Die Menschen sehen die Idee nicht als Lösung für ein Problem, weil sie selbst davon nicht betroffen sind. Oder sie sagen, das gibt’s schon, ohne zu wissen, ob sich die bereits am Markt befindliche Lösung nicht noch verbessern lässt. Oder, oder, oder. Ich rate den Frauen mit einer Idee dringend, nach Menschen zu suchen, die Wissen zu und/oder Erfahrung mit der konkreten Geschäftsidee besitzen, und sich mit diesen auszutauschen.
Sollte frau sich auf ein solches Gespräch besonders vorbereiten?
Unbedingt. Die Hausaufgaben sollten gemacht sein. Die Frau sollte alles Wissenswerte rund um ihre Idee recherchieren und die Erkenntnisse in einen ersten Businessplan einfließen lassen. Dabei geht es um Fragen wie: Wer ist meine Zielgruppe? Ist meine Lösung oder eine ähnliche bereits auf dem Markt? Wie groß ist das Marktvolumen? Um zunächst für sich zu entscheiden, ob es sich lohnt, aus der Businessidee ein Business zu machen, hilft zudem eine Liste mit Pros und Contras.
Wie geht frau mit Konkurrenz um?
Konkurrenz bedeutet Wettbewerb. Sie ist daher positiv zu bewerten, zeugt sie doch davon, dass die Idee an sich durchaus businessreif ist. In dieser Situation muss die Frau vergleichen und sich fragen: Wie grenzt sich meine Lösung davon ab, was könnte ich an der bereits bestehenden Lösung verbessern? Welche zum Produkt passenden Dienst- und/oder Serviceleistungen lassen sich zu einem noch attraktiveren Paket schnüren? Kann ich den Preis der vorhandenen Lösung unterbieten?
Mein Tipp: Es lohnt sich, Rezensionen von Käufer*innen der bereits existierenden Lösung zu studieren, um herauszufinden, wie gut diese ist.
Woher bekommt frau das Geld, um ihr Business zu gründen?
Die wichtigste Frage hierzu ist: Was kostet es, die Idee in ein Business umzuwandeln? Hier spart Wissen bares Geld: Denn längst kann man sich Dinge wie Logo, Website und mehr für wenige Euro oder sogar gratis kreieren (lassen). Dann gilt es zu klären, wie viel Geld die Frau ins Business stecken kann. Es hat sich bewährt, zehn Prozent der Investition mit eigenen Mitteln zu decken. Zum Finanzieren des „Rests“ gibt es verschiedene Wege: Crowdfundings, Bankdarlehen, Fördergelder von Staat und Kommunen im Rahmen passender Förderprogramme, um nur einige zu nennen. Infos dazu bekommt die Frau zuhauf im Internet.
Wie überzeugt frau Investoren von ihrer Idee?
Indem sie sich auf das Präsentieren ihrer Idee (Pitchen) vor dem potentiellen Investor gründlich vorbereitet. Am besten übt die Frau One-Sentence-Pitches und Elevator-Pitches, wo es gelingen muss, die Geschäftsidee in einem Satz oder in einer Fahrstuhlfahrt von ein, zwei Minuten überzeugend auf den Punkt zu bringen. Jedes Wort muss sitzen! Und auch Tonalität, Gestik und Mimik sollten beim Pitchen stimmen. Das lässt sich gut vor einem Spiegel, mit dem Smartphone (Videoaufnahme) oder vor Freund*innen trainieren.