Auch im herausfordernden Krisenjahr 2021 erhielt die zur Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gehörende BW-Bank Bestnoten für ihre Vermögensverwaltung. Karen Armenakyan, verantwortlich für den Bereich Vermögensverwaltung und Wertpapiere, spricht im Interview über Philosophie und Strategien der BW-Bank Vermögensverwaltung und blickt voraus auf die wichtigsten Finanzthemen im Jahr 2022.
Karen Armenakyan
Bereichsleiter Vermögensverwaltung und Wertpapiere
Baden-Württembergische Bank, Kleiner Schlossplatz 11, 70173 Stuttgart
Telefon: 0711/124-43442
Herr Armenakyan, was macht die Investmentphilosophie der BW-Bank Vermögensverwaltung aus, und auf welcher Basis entwickeln Sie Ihre Anlagestrategien?
Unsere Philosophie beruht auf einem global opportunistischen Investmentansatz. Das bedeutet, dass wir – gemeinsam mit unseren Research-Kollegen von der LBBW – stets eine Makrosicht auf den Markt haben. Wir schauen genau, wo sich perspektivisch in den nächsten sechs bis zwölf Monaten die größten Chancen in den globalen Aktienmärkten bzw. auf den Renten- oder Rohstoffmärkten ergeben. Und diese Erkenntnisse vertiefen wir dann im Rahmen unserer Analysen: In welchen Ländern und vor allem in welchen Branchen – ob Automobilindustrie, die Technologiebranche oder aktuell zum Beispiel das Gesundheitswesen oder die Pharmaziebranche – sehen wir die besten Chancen? Auf dieser Grundlage entscheiden sich die zuständigen Portfoliomanager dann für ein entsprechendes Investment.
Wir sind komplett offen in unserem Denkmuster. Und wir sind, darauf sind wir sehr stolz, deutlich globaler geworden. Früher waren viele Vermögensverwalter sehr deutschland- oder europalastig. Aber wenn man sich die Technologieentwicklung oder die Forschung anschaut, dann bewegen sich die Kapitalströme auch in anderen Regionen, wie Amerika oder im asiatischen Raum. Und das bedeutet im Rahmen unserer Philosophie, dass wir in der Lage sein wollen, aus Stuttgart heraus auch in diese Märkte für unsere Anleger zu investieren.
Sie sprechen die enge Zusammenarbeit mit den Experten der LBBW Research an. In welchen Bereichen profitieren Sie besonders davon, und beziehen Sie mit Blick auf den formulierten globalen Anspruch auch externe Expertise ein?
Zum einen verfügt die LBBW Research über eine hervorragende Makroexpertise. Daher vertrauen wir auf deren Weitblick, darauf, wie man dort die Weltwirtschaftsentwicklung sieht. Entsprechend dem Gesamtbild, das sich daraus ergibt, investieren wir in bestimmten Regionen und in bestimmte Branchen, aber auch in Einzelwerte. Und hier profitieren wir dann andererseits auch von der ausgezeichneten Expertise der Kollegen im Einzeltitelbereich, vor allem in Europa und Deutschland. Dadurch kennen wir die großen Konzerne wie Daimler oder Siemens und auch alle MDAX-Unternehmen sehr genau, auch auf persönlicher Ebene.
In anderen Regionen der Welt wiederum, wo wir nicht so nah dran sind, arbeiten wir auch mit anderen Primärpartnern zusammen, deren Know-how wir einkaufen. Wenn wir beispielsweise in Cloudunternehmen in Amerika investieren, wäre es vermessen zu sagen, dass wir aus Deutschland heraus alle Unternehmen dort besser kennen würden als die Research-Anbieter, die vor Ort sitzen. Nur wenn man komplett researchunabhängig ist und diverse Informationsquellen nutzt, lassen sich die besten Entscheidungen treffen – und das erwarten schließlich unsere Kunden von uns.
Durch diesen globalen Ansatz werden die Möglichkeiten, Geld anzulegen, natürlich noch vielfältiger. Wie finden Sie gemeinsam mit dem Kunden heraus, welche Anlagestrategie die richtige für ihn ist?
In der BW-Bank verfolgen wir einen ganzheitlichen Beratungsansatz. Das heißt, wir haben auf der einen Seite die unterschiedlichen Assetklassen und auf der anderen Seite diverse Risikoprofile. Ausgehend von den Präferenzen des Kunden schauen wir dann, welche Risikoklasse für den Kunden passend ist.
Im Rahmen von Nachgesprächen, die wir mindestens einmal im Jahr durchführen, können wir diese Risikoklasse allerdings jederzeit aktualisieren. Haben sich beim Kunden etwa größere finanzielle Veränderungen ergeben, passen wir sein Portfolio entsprechend an. Oder es ändern sich die persönlichen Präferenzen, beispielsweise wenn jemand wegen der Corona-Krise besorgt ist und sein Risiko minimieren möchte. Dann können wir sein Portfolio temporär auf rentenlastige Produkte umschichten oder im Worst Case auch deinvestieren. Der Kunde hat dafür bei uns einen persönlichen Ansprechpartner, mit dem er sehr schnell Kontakt aufnehmen kann. Denn die Kunden müssen sich wohlfühlen und sich mit dem Produkt identifizieren.
Für Ihre Beratungsqualität wurden Sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem als bester Vermögensverwalter. Was denken Sie, machen Sie besonders gut?
Zunächst einmal sind die Produkte gut, das ist unumstritten. Aber vor allem bewegen wir uns in einer Nische, da viele andere diesen individuellen Charakter nicht mehr anbieten. Wir lassen uns auf die individuellen Ziele der Kunden ein, nicht nur beim Onboarding, sondern vor allem auch, wie gesagt, in der Nachberatung. Wir versuchen, sehr detailliert die Präferenzen abzufragen: Welche Zwecke gibt es, soll der Nachlass geregelt werden, gibt es bestimmte Verpflichtungen in einer Stiftung, wie hoch ist das Vermögen, gibt es Ausschüttungswünsche? Wenn man all dies besprochen und analysiert hat, versucht man, am Ende eine optimale Lösung anzubieten.
Wenn wir abschließend einen Ausblick auf das Jahr 2022 wagen: Welche Themen in Bezug auf Geldanlagen werden Ihrer Meinung nach im Vordergrund stehen? Was sollte besonders beachtet werden?
Besonders im Blick behalten muss man meiner Meinung nach das Geldmengenwachstum, ob es die Zentralbanken in Europa und Amerika zurückfahren. Dieser Indikator ist entscheidend für die Risikoabwägung der Anleger. Wenn keine Überschussliquidität vorhanden ist, gar eine Kreditklemme droht, dann muss ich Investitionen in Risikoassetklassen reduzieren.
Hinzu kommt das Thema Inflation und vor allem die Frage, ob sie transitorisch ist oder ob wir tatsächlich jetzt deutlich höhere Inflationsniveaus als in den letzten zehn Jahren haben. Das muss man beobachten. Viele begründen es momentan mit Corona, mit Lieferengpässen und mit steigenden Energiepreisen. Aber ob dies die einzigen Gründe sind oder wir tatsächlich strukturelle Inflationstreiber sehen, das werden wir erst in ein paar Monaten komplett sagen können.