“Komm, mach MINT.” ist eine bundesweite Initiative des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V., die Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Sozialpartnern, Medien und Verbände vernetzt und Mädchen und Frauen für MINT-Studiengänge und -Berufe begeistern soll.
Dr. Ulrike Struwe
Leiterin der Geschäftsstelle “Komm, mach MINT.”
Wie genau machen Sie das?
Um mehr junge Frauen für naturwissenschaftliche und technische Studiengänge zu begeistern sowie Hochschulabsolventinnen für Berufskarrieren in Wirtschaft und Wissenschaft zu gewinnen, wurde der Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen “Komm, mach MINT.” 2008 auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ins Leben gerufen.
Der Pakt setzt auf Kooperation und die Verbreitung von Best Practice, deshalb findet zwischen den mittlerweile über 330 Paktpartnerinnen und -partnern ein breiter Erfahrungsaustausch statt. So können Angebote optimiert und stärker aufeinander abgestimmt werden.
Darüber hinaus ist “Komm, mach MINT.” die zentrale Anlaufstelle zum Thema Frauen und MINT und bietet eine Plattform, um die bundesweit bestehenden Angebote zur Motivierung und Aktivierung junger Mädchen und Frauen übergreifend öffentlich sichtbar zu machen. Auf Veranstaltungen, auf der Website, in Informationsmaterialien und zahlreichen hervorragen- den Projekten werden moderne, zukunftsweisende Berufsbilder und Karriereoptionen ebenso wie authentische Rollenvorbilder kommuniziert. Die Projektlandkarte auf www.komm- mach-mint.de bietet mit derzeit über 900 Projekten eine bundesweite Übersicht an Projekten, Schnuppertagen, Stipendien, Mentoringangeboten und Wettbewerben für Schülerinnen, Studentinnen und MINT- Berufstätige.
Für viele Mädchen ist es augenscheinlich schwer, sich in der Schulzeit für Technik oder Naturwissenschaften so zu interessieren, dass sie es auch als Berufsfeld in Betracht ziehen. Was denken Sie, woran liegt das?
Die Gründe dafür sind vielschichtig. Grundsätzlich, das hat die Pisa-Studie 2015 gezeigt, unterscheiden sich die Leistungen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften nur graduell voneinander. In Mathematik und Naturwissenschaften sind Jungen durchschnittlich etwas besser als gleichaltrige Mädchen. Diese Unterschiede sind auf geringeres Vertrauen in die eigenen mathematischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten der Mädchen zurückzuführen. Das führt dann zu unterschiedlichen Präferenzen in Leistungskursen der Oberstufe. Deutlich mehr Jungen als Mädchen wählen Informatik und Physik. Wenn dann die Studienwahl ansteht, setzt sich diese Tendenz fort. Maßnahmen, die das Selbstvertrauen in die eigenen MINT-Kompetenzen stärken, ebenso wie praxisnahe Entscheidungshilfen für den Studieneinstieg und frühzeitige Kontakte mit Vorbildfrauen auf unterschiedlichen Karrierestufen in MINT-Berufsfeldern ebnen Frauen den Weg in diese Berufe. Wir arbeiten daran, dass sich solch gute Angebote verbreiten.
Jungen Frauen, die sich bereits für ein MINT-Studium entschieden haben, raten wir, unbedingt Mentoringangebote der eigenen Hochschule oder übergreifende Vernetzungs- angebote wahrzunehmen.
Ist es denn tatsächlich immer noch so, dass in Wirtschaft und Wissenschaft große Unterschiede zwischen Männern und Frauen gemacht werden?
Einerseits können wir feststellen, dass viele Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen sehr daran interessiert sind, junge Frauen für ihre MINT- Bereiche zu interessieren, und Projekte und Maßnahmen durchführen, um junge Frauen zu gewinnen. Dazu gehören beispielsweise die Partnerschaft bei „Komm, mach MINT.“, die Teilnahme am Girls’Day sowie Personalentwicklungsmaßnahmen auf allen Fach- und Führungsebenen. Darüber hinaus werden flexible Möglichkeiten zur Vereinbarung von Beruf und Familie – für Männer und Frauen – angeboten. Die Unternehmen/Institutionen haben erkannt, dass gemischte Teams, also Teams, in denen Männer und Frauen, Jung und Alt sowie unterschiedliche Nationalitäten zusammenarbeiten, kreativer sind und bessere Ideen hervorbringen als homogene Teams, da sie unterschiedliche Aspekte berücksichtigen und einbringen. Andererseits zeigen sich gerade in Bezug auf die Bezahlung und die Karriereentwicklungsmöglichkeiten noch große Unterschiede. So ist der Gender Pay Gap auch in den MINT-Berufen, und das trotz der hohen Nachfrage nach MINT- Fachkräften, vorhanden – Unternehmen zahlen Männern in MINT-Berufen durchschnittlich mehr Lohn als Frauen. Bezüglich der Karrieren von Frauen zeigt sich, dass nach wie vor keine nennenswerten Erfolge zu verzeichnen sind. Oftmals sind es stereotype Verhaltensweisen, die nach wie vor Männer bei der Beförderung bevorzugen. Hier müssen Veränderungen in Gang kommen, die sicherstellen, dass Karriereambitionen von Frauen befördert werden und sie in den Führungsetagen ankommen.
Was raten Sie Frauen, die sich für eine Laufbahn in Technik und Naturwissenschaften interessieren, sich aber nicht trauen?
Wir ermutigen junge Frauen, unbedingt den Weg ein- zuschlagen, der ihren Interessen am meisten entspricht, und sich nicht von tradierten Vorstellungen davon abhalten zu lassen. Auf Messen und Veranstaltungen sowie auf unserer Website und in den sozialen Medien zeigen wir weibliche Rollenvorbilder aus allen MINT-Berufen, die von ihrem Studium, ihrer Ausbildung und ihrem beruflichen Alltag erzählen und den jungen Frauen durch ihre Berichte zeigen, dass es sich lohnt, einen MINT-Bereich einzuschlagen. Für viele junge Frauen ist es auch von ganz besonderer Bedeutung, Technik und Naturwissenschaften auszuprobieren, um eventuelle Unsicherheiten bezüglich der Anforderungen und der eigenen Talente abzulegen. Deshalb verweisen wir auf unserer Website auf Angebote, die es jungen Frauen ermöglichen, die verschiedenen MINT-Bereiche auszuprobieren. Dazu gehören beispielsweise Praktika, Workshops und Ferienangebote in Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Junge Frauen, die kurz vor dem Abitur stehen, machen wir auf die Möglichkeit eines MINT- Orientierungsstudiums aufmerksam.
Junge Frauen, die kurz vor dem Abitur stehen, machen wir auf die Möglichkeit, eines MINT-Orientierungsstudiums aufmerksam. Diese Studiengänge, in denen bereits richtig studiert wird und alle Leistungen auch im Anschluss anerkannt werden, bieten die Möglichkeit über ein bis zwei Semester verschiedene MINT-Fachrichtungen auszuprobieren und die Anforderungen kennenzulernen, die die jeweilige Studienrichtung mit sich bringt. Ein Orientierungsangebot der besonderen Art bietet das Niedersachsen- Technikum. Hier erhalten junge Frauen sechs Monate lang einen Einblick in die Praxis durch ein Betriebspraktikum und besuchen an einem Tag in der Woche zusätzlich die Hochschule. Viele weitere Hochschulen bieten mittlerweile Orientierungsstudiengänge an. Die Liste auf www.komm-mach-mint.de/MINT-Studium/Orientierungsstudium bietet einen Überblick.
Jungen Frauen, die sich bereits für ein MINT-Studium entschieden haben, raten wir, unbedingt an Mentoringangeboten der eigenen Hochschule oder übergreifende Vernetzungsangebote wahrzunehmen, wie beispielsweise das MINT-Karrierenetzwerk Femtec oder die meet. ME – Karriereauftaktveranstaltung von „Komm, mach MINT.“.