Vor dem Hintergrund der „zwei großen D“ – Demografie und Digitalisierung – intensivieren viele Unternehmen ihre Bemühungen um Fachkräfte.
Dr. Ulf Rinne
Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit, IZA, Bonn
Head of Scientific Management
Senior Research Associate
Dabei rückt neben der Rekrutierung vor allem die Mitarbeiterbindung ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn der schärfer werdende Wettbewerb um kluge Köpfe macht es personalstrategisch umso wichtiger, die eigenen Beschäftigten zu halten. Kann Weiterbildung ein Schlüssel sein, um dieses Ziel zu erreichen?
Im Zuge der Digitalisierung verändern sich die gefragten Qualifikationen, Kompetenzen und Fähigkeiten markant. Doch auch die Weiterbildung selbst wandelt sich. Jenseits der vermittelten Inhalte findet Weiterbildung heute häufig in flexiblen und „fluiden“ Formaten sowie losgelöst vom betrieblichen Kontext statt. Gleichzeitig ermöglichen modulare, plattformübergreifende Angebote eine auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Weiterbildung – vor allem zur Vermittlung allgemeiner, breit einsetzbarer Fähigkeiten.
Warum sollten Firmen diese Form der Weiterbildung – die von anderen Arbeitgebern ebenso nutzbare Qualifikationen vermittelt – durch eigene Ressourcen finanzieren? Die Antwort lautet, dass Weiterbildung auch die Zufriedenheit und Produktivität der Beschäftigten steigert und so ihre Bindung an das Unternehmen stärkt. Sie werden durch eine weniger betriebsspezifische Weiterbildung zwar auch für andere Unternehmen attraktiver. Ihr Marktwert steigt und Abwerbeversuche könnten sich häufen. Doch die „Klebewirkung“ sollte nicht unterschätzt werden.
Beschäftigte fühlen sich gebundener an ein Unternehmen, wenn sie das Gefühl haben, von ihrem Arbeitgeber respektiert, wertgeschätzt und gefördert zu werden – etwa durch Investitionen in ihre Fort- und Weiterbildung. Auch die in Deutschland eher geringe Arbeitskräftemobilität – von Ökonomen sonst häufig kritisiert – wirkt sich in dieser Konstellation dann vorteilhaft aus.
Dennoch sind Unternehmen künftig gefordert, ihre Weiterbildungsbedarfe klar zu definieren und eine strategische Planung zu etablieren. So kann erreicht werden, dass sich ihre Beschäftigten ein bestimmtes Bündel von allgemeinen Kompetenzen durch die von ihnen geförderte Weiterbildung aneignen, das im Ergebnis dennoch sehr betriebsspezifisch ist. Der Wert dieser Beschäftigten ist dann für das eigene Unternehmen höher als für Konkurrenzbetriebe, was ihren Verbleib wahrscheinlicher macht.
Schließlich gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, vertragliche Regelungen zur Mitarbeiterbindung einzusetzen. Beispielsweise könnten Rückzahlungsklauseln in den Arbeitsverträgen eingefügt werden, die greifen, falls Beschäftigte nach Investitionen in ihre Weiterbildung vorzeitig das Unternehmen verlassen.
Weiterbildung bleibt auch künftig eine Herausforderung für Unternehmen. Die damit verbundenen Probleme könnten sogar zunehmen – sie zu ignorieren, führt jedoch in eine Sackgasse. Zumal sie lösbar erscheinen.
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