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THE FUTURE OF WORK

Die Businesswelt braucht Agilität und psychologisches Empowerment  

FOTO: Rawpixel.com via Shutterstock.com

Inwiefern hängen der digitale Wandel der Arbeitswelt und die New Work Ära zusammen?

Zunächst einmal machen neue digitale Technologien neue Zusammenarbeitsformen möglich. Das haben viele Mitarbeitende während der Lockdowns erfahren und erproben können. Darüber hinaus dynamisiert die Digitalisierung die Wirtschaftswelt und beschleunigt diese. Gleichzeitig verändern sich Berufe und die Anforderungen an die Mitarbeitenden, was auch eine Art von „New Learning“ erfordert.

Carsten Schermuly

Diplom-Psychologe, Vizepräsident für Forschung und Transfer an der SRH Berlin University of Applied Sciences sowie Direktor des Institutes for New Work and Coaching (INWOC)

FOTO: IVGENIA MÖBUS

Wie fortschrittlich ist Deutschland in Bezug auf das Umstellen auf eine neue Arbeitswelt?

In den meisten Unternehmen treffen die Veränderungen auf Strukturen und Kulturen, die ihren Ursprung im 19. Jahrhundert haben. Daran ändert auch eine Betriebsvereinbarung für Homeoffice nichts. Die Arbeit von zu Hause ist nämlich noch älter. Vor 500 Jahren haben Bauern und Handwerker weitestgehend im Homeoffice gearbeitet. Damit alleine werden wir die Zukunft der Arbeit in Deutschland schwerlich erfolgreich bewältigen können.

New Work aber auch Agilität wird stark mit Jugendlichkeit assoziiert – das ist gefährlich.

Inwiefern kann New Work wirklich einheitlich auf dem Arbeitsmarkt umgesetzt werden?

Von der Idee einer einheitlichen Umsetzung würde ich dringend abraten. Ich finde es auch immer wieder befremdlich, wenn Unternehmen einfach die Konkurrenz beim Thema New Work kopieren. Dann landet man ja in drei Jahren da, wo die Konkurrenz vor drei Jahren bereits stand, also in der Vergangenheit. Nein, Organisationen müssen leider ihren eigenen Weg finden, um ihre Zukunftsherausforderungen zu lösen. Denn Organisationen haben unterschiedliche Beschäftigte, Kulturen, Traditionen, Produkte, Machtverhältnisse und Ansprüche, die von außen an das Unternehmen herangetragen werden.

Viele Unternehmen sind ratlos, wenn es um die Generierung neuer Arbeitnehmer:innen geht. Sofern das Thema New Work dazukommt, verlieren manche die Geduld. Oft heißt es: „Junge Menschen, die nicht richtig arbeiten, sondern nur reisen wollen. Die wissen doch gar nicht, was Arbeit ist!“ – was halten Sie von der neuen Arbeitsweise und dem Ansatz, neue Workflow-Methoden auszuprobieren?

Ich glaube, dass das Generationenbashing absolut gar nichts bringt. Die psychologische Forschung kann zeigen, dass das Generationenkonzept wenig taugt und die meisten Unterschiede nur in den Medien und bei LinkedIn relevant sind. Beim Thema New Work würde ich auch nicht nur auf jüngere Generationen blicken, sondern auch auf ältere. Hier können wir nämlich in unserer Forschung zeigen, dass ältere Kolleg:innen aufgrund von Stereotypen z. B. nicht in die agile Projektarbeit integriert werden. New Work aber auch Agilität wird stark mit Jugendlichkeit assoziiert. Das ist gefährlich.

Was bringt es Unternehmen, auf den „New.Work-Zug“ mit aufzusteigen hinsichtlich des Recruitings neuer MitarbeiterInnen?

Das hängt davon ab, was man darunter versteht. Wir führen jedes Jahr an unserem Institut das New Work Barometer durch. Das New Work Verständnis, was derzeit in Deutschland die stärkste Zustimmung erhält, ist jenes, wo es sich bei New Work um Maßnahmen handelt, die das Erleben von psychologischem Empowerment steigern. Bei psychologischem Empowerment handelt es sich um die Wahrnehmung von Sinn, Selbstbestimmung, Einfluss und Kompetenz am Arbeitsplatz. Die vier Dimensionen sind nachweislich mit geringerer Fluktuation und höherer Arbeitgeberattraktivität assoziiert.

Kann New Work in Ihren Augen die Produktivität der Mitarbeiter:innen und damit auch die des Unternehmens steigern?

Wenn im Verständnis von Empowerment gearbeitet wird, dann kann ich das klar mit ja beantworten. Menschen, die Sinn, Selbstbestimmung, Einfluss und Kompetenz in ihrem Arbeitsleben erfahren, sind nicht nur zufriedener und weniger depressiv, sondern sie agieren auch proaktiver, innovativer und zeigen bessere Leistungen.

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